Nun bin ich also im Alter für einen Kontrabass

bluefunk

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Vorgestern hatte ich meinen letzten Arbeitstag. Schon ein paar Wochen stand in einem Flur "in der Fabrik" ein riesengroßer Karton und ich war gespannt, ob diesem zum Abschied eine Blondine, Brünette oder Schwarzhaarige, ein Chippendale, Tarzan oder Batman oder ein Abchiedsfeuerwerk entspringt. Weit gefehlt, zum Abschiedsbrunch wurde das Paket geöffnet und darin schlummerte ein hübsch anzusehender Kontrabass. Schnell war zweierlei erkannt, vorne fehlte es ihm an Spannung, hinten hatten jedoch alle Kolleg(inn)en unterschrieben. Damit stand fest: verkaufen kann ich den nicht mehr, also muss ich durch und üben.

Zwei, drei Anrufe bei kompetenten Instanzen sowie ein wenig Recherche bei den netten Indern führten aber recht schnell zur Erkenntnis, dass dem neuen Ruhm ein paar Hürden bevorstehen.

Da Stradivari keine Bässe baute, kommt mein neuer Gefährte aus einen fränkischen Hochregallager und ist vermutlich ursprünglich im tiefsten Transsilvanien im Schatten dunkler Nächte und Mächte gefertigt worden. So einfach den Steg aufrichten und die Saiten spannen wird wohl nicht sein. Zum Glück hatte ich schon soweit recherchiert, dass gleich um die Ecke in der Freiburger Innenstadt eine recht freundlich wirkende Geigenbaumeisterin sich auf den Bau nichttranssilvanischer Cellos und Kontrabässe spezialisiert hat. Ein kurzes schamvolles Telefonat hat ergeben, dass sie sich durchaus auch auf die Einbürgerung Integrationsbedürftiger Schützlinge einlässt. Also kam dieser in den Genuss einer kleinen Sightseeing Tour zu Fuß durch Freiburg und wurde der Meisterin vorgestellt.

Da ich ja schon durchaus durch den Bau einer E-Gitarre und eines E-Basses sensibilisiert war, (den Bericht findet ihr auch hier irgendwo in den Tiefen des Bassforums) machte ich mich auf eine lange Vorschlagsliste oder vernichtendes Urteil der Meisterin gefasst (deren Ehemann freundlich, aber völlig unbeeindruckt am Nachbartisch hochkonzentriert an zwei noch unlackierten Geigen schnitzte). Der Katalog war für mich erstaunlich kurz. Nach gründlicher Recherche, welche Art musikalischer Darbietungen mir denn mal auf dem Instrument vorschweben kamen folgende Empfehlungen auf die Liste: Ersetzen des mitgelieferten Steges durch ein brauchbareres und für diesen Bass eingerichtetes Exemplar; Richten des etwas zu konkaven Griffbrettes für eine taugliche Saitenlage; Verjüngung des Halsprofiles für eine relaxte Handhaltung; Kürzen und Neupositionierung des Stimmstocks; andere Saiten, welche meinen Vorstellungen (eher klarer Klang, "Leichtigkeit") entgegenkommen.

Kurzum hat sich meine Vermutung bestätigt, dass bei einem Instrument dieser Preisklasse etwa der selbe Betrag noch einmal in eine Optimierung investiert werden sollte, um die Freude nicht gleich zu Beginn der Übungen deutlich zu trüben. Wäre der Bass kein Geschenk gewesen, wäre ich an die Beschaffung eines solchen Instrumentes mit Sicherheit anders herangegangen (Nicht missverstehen, ich mäkle nicht an der Qualität!)

So zögern sich die ersten Versuche nun noch einige Tage hinaus. Aber auch diese gehe ich geplant an. Mit Martin Hess, der mich schon in die Weihen des E-Basses eingeweiht hatte, habe ich schon Unterrichtsstunden abgesprochen. So möchte ich vermeiden als Autodidakt des Aufrechten (oder wie übersetzt man upright?) jeden Fehler zu machen, vor allem auch bei der Haltung und dem Muskelaufbau. 1 1/2 Jahre habe ich mir gegeben bis ich das neue Familienmitglied dann mal in freier Wildbahn vorführe.

An einer Sache arbeite ich schon hart: Die Luftfeuchtigkeit in meinem Homestudio ist mit ca. 20 bis 25 % derzeit viel zu gering. Trotz Luftbefeuchter oder auch nasser Handtücher über der Heizung gelingt es immer nur kurz einen Wert von vielleicht 33 - 35 % zu erreichen. Beim nächsten kurzen Lüften stürzt dieser wieder ab. Welche Erfahrungen habt ihr, was bringt bei Euch den Erfolg?

So, dann schau´n wir doch mal ob es in den nächsten Monaten noch Erwähnenswertes von meinem Altersprojekt zu berichten gibt :-)

Beste Grüße, Rainer Blaufunk
 
Zuerst Glückwunsch zum Ruhestand.
Cooles Abschiedsgeschenk.

Wir haben uns einen Raumluftbefeuchter von Venta geholt. Die sind nicht ganz billig, aber wir sind nun bei immer so ca 60% Luftfeuchtigkeit. Zuvor waren es auch immer ca 30%.
 
Schöne Geschichte 👍🏼
Ich würde die Situation genauso wie Du angehen - und wenn sich herausstellt, dass Dich der Kontrabass richtig packt, kann dieser ja zum Dekoobjekt aufsteigen, während Du Dir einen anderen Bass kaufst.
 
Schöne Geschichte 👍🏼
Ich würde die Situation genauso wie Du angehen - und wenn sich herausstellt, dass Dich der Kontrabass richtig packt, kann dieser ja zum Dekoobjekt aufsteigen, während Du Dir einen anderen Bass kaufst.
Dann lasse ich mir ganz bestimmt einen bauen, wie auch bei meinen E-Bässen ist es mir ein großes Anliegen mir sympathische Instrumentenbauer zu unterstützen. So zieren neben Selbstgebautem nur Bässe kleiner "Manufakturen" meine kleine Hütte ....
 
Viel Spaß und Erfolg bei der „Entdeckung der neuen Welt“…..;-)
Ich habe keinen Luftbefeuchter…:-P und in unserer Altbauwohnung schwankt der Wert der relativen Luftfeuchte immer wieder ganz schön… zwischen 55-60% bis runter zu knapp 30 %… aber ich bin (bisher?!?) da (genau wie meine Bässe noch) ganz entspannt und halte es mit Heiner Windelband, der mir mal sagte, dass die Bässe früher in den „alten Gemäuern“ noch viel mehr aushalten mussten…;-) aber bei 20% würde ich mir vermutlich auch Gedanken machen und nicht nur zu nassen Handtüchern greifen, was ich übrigens auch schon immer mal wieder gemacht habe…
 
Gratulation! Zum Ruhestand (ist es doch, oder?), dazu, dass Du so lange mit so supernetten Kollegen zusammenarbeiten durftest, und natürlich zum Beitritt in den Club der Schwiegermutterflüsterer!

Bisher alles richtig gemacht! Sich um brauchbares Instrument gekümmert, Unterricht ausgemacht, Ziel gesetzt, und sogar Gedanken zum Thema Luftfeuchtigkeit gemacht...

Ich habe übrigens Luftbefeuchter von Philips (3000 Series) in 4 Räumen (wir haben Fußbodenheizung) am Start: die sind erschwinglich, effektiv und recht geräuscharm...

Denk am Anfang bitte daran: Kontrabass spielen ist Kraftsport! Und bevor Du Dich ernsthaft um Tonbildung bemühst, musst Du die geeignete Muskulatur aufbauen. So sehr es reizt, sich ausgiebig und stundenlang mit einem Neuen Instrument zu beschäftigen - gerade wenn man plötzlich viel mehr Zeit hat als früher - lass es langsam angehen! 6 Mal über den Tag verteilt 10 Minuten sind ratsamer als einmal 60 Minuten... und vergiss die Anschlagshand nicht, die ganz wesentlich zu einem brauchbaren Ton beiträgt...

Ich finde den Ansatz ganz gut, sich immer wieder zu sagen: "Das ist ein neues Instrument!", und nicht die Große Schwester des E-Bass! Du gehst an den Kontrabass mit teilweise ganz unterschiedlichen Konzepten heran: zum Beispiel macht es Sinn sich anzugewöhnen, Leersaiten wo immer möglich ins Spiel zu integrieren, weil sie Dir immer wieder eine Referenz zur Intonation liefern...

Und leider noch eine Investition: besorg Dir so schnell wie möglich einen brauchbaren Bogen! Das muss kein High End-Teil sein - aber wenn Du wirklich gut intonieren lernen willst, dann kommst Du da nicht drum herum, selbst wenn Du das in der Praxis nicht einsetzen willst. Noch eine muskelschonende Übung: Bogenführung mit Leersaiten!

Und such Dir ein paar Vorbilder! Man lernt viel über Kontrabass durch Zuhören...! (auch das ist muskel, gelenk- und sehnenschonend)
 
Gratulation! Zum Ruhestand (ist es doch, oder?),
Danke für die vielen Tips. Ja, es ist ein Geschenk zum Ruhestand und das ist ganz toll. Nur das mit der neu gewonnenen Zeit ist nicht ganz so drastisch, derzeit bin ich in vier musikalische Projekte "verwickelt" und verbringe täglich einige Stunden mit Theorie, Noten, Musikerkollegen und natürlich meinen E-Bässen etc. 6 Mal am Tag 10 Minuten für den Beginn ist ein super Ratschlag :-)
 
Sehr schön...dann bist du ja jetzt auch bei den echten Bassern gelandet.....6x10 min oder auch 10 x 5.....oder wie auch immer...auf jeden Fall oft und nicht zu lange hat mir beim Einstieg auch geholfen.
Durch mein Faible für e Bass kann ich auch 8x10 empfehlen.
Eine Bassbauerin hast du ja auch schon gefunden...das ist gut, denn schlecht eingestellte Instrument verderben vor allem bei diesem Instrument schnell den spaß.
Falls dir die Wartezeit zu lang wird....könnte ich dir leihweise meinen kleinen Ungarn überlassen.
 

auch von mir herzlichen glückwunsch zur neuen kiste!! möge die fracht mit dir sein. ich kenne deine geigenbauerin nicht, solltest du aber mal eine alternative suchen in punkto neubau oder was auch immer kann ich michael bornhak in waldkirch wärmstens empfehlen. michael ist selbst ein sehr guter bassist, der hat möglicherweise nochmal eine ganz andere perspektive.

zur luftfeuchtigkeit kann ich sagen: alles zwischen 30 und 60 ist o.k., für einen selber übrigens auch. kurzzeitig drüber oder drunter ist relativ egal, da muss keine panik aufkommen. dem gesperrten bass schadet trockenheit übrigens viel weniger als dem massiven. eins muss man beachten: im winter entstehen die meisten risse, und sie entstehen nicht, wenn es zu trocken ist, sondern wenn ich von ziemlich feucht nach ziemlich trocken wechsele. da es an den meisten orten bei laufender heizung oft zu trocken ist macht es sinn, das gewöhnliche habitat der bassgeyge nicht zu feucht zu halten. ein beispiel: der proberaum, der einmal pro woche besucht wird, hat eher unter 30 prozent, der überaum zu hause wird mittels befeuchter auf 60 gehalten. die folge: der bass versucht, die differenz zu kompensieren und neigt zur rissbildung. es ist besser, den bass zu hause dann auf maximal 40 zu halten wenn man weiß, dass man ein trockenes zielgebiet aufsucht.

dauerhaft zu warm und zu feucht löst eventuell den knochenleim an, so denn welcher benutzt wurde. das ist dann eher nicht so gut. allgemein gilt: geigenbauer*innen können alles, aber auch wirklich alles reparieren an den dingern!! man muss die schadensproblematik nicht überbewerten, der schaden kommt sowieso.

viel erfolg mit der oma!!!
 
auch von mir herzlichen glückwunsch zur neuen kiste!! möge die fracht mit dir sein. ich kenne deine geigenbauerin nicht, solltest du aber mal eine alternative suchen in punkto neubau oder was auch immer kann ich michael bornhak in waldkirch wärmstens empfehlen. michael ist selbst ein sehr guter bassist, der hat möglicherweise nochmal eine ganz andere perspektive.

zur luftfeuchtigkeit kann ich sagen: alles zwischen 30 und 60 ist o.k., für einen selber übrigens auch. kurzzeitig drüber oder drunter ist relativ egal, da muss keine panik aufkommen. dem gesperrten bass schadet trockenheit übrigens viel weniger als dem massiven. eins muss man beachten: im winter entstehen die meisten risse, und sie entstehen nicht, wenn es zu trocken ist, sondern wenn ich von ziemlich feucht nach ziemlich trocken wechsele. da es an den meisten orten bei laufender heizung oft zu trocken ist macht es sinn, das gewöhnliche habitat der bassgeyge nicht zu feucht zu halten. ein beispiel: der proberaum, der einmal pro woche besucht wird, hat eher unter 30 prozent, der überaum zu hause wird mittels befeuchter auf 60 gehalten. die folge: der bass versucht, die differenz zu kompensieren und neigt zur rissbildung. es ist besser, den bass zu hause dann auf maximal 40 zu halten wenn man weiß, dass man ein trockenes zielgebiet aufsucht.

dauerhaft zu warm und zu feucht löst eventuell den knochenleim an, so denn welcher benutzt wurde. das ist dann eher nicht so gut. allgemein gilt: geigenbauer*innen können alles, aber auch wirklich alles reparieren an den dingern!! man muss die schadensproblematik nicht überbewerten, der schaden kommt sowieso.

viel erfolg mit der oma!!!
Michael Bornhak ist super...allerdings mittlerweile in Volgelsheim zu Hause
 
Falls dir die Wartezeit zu lang wird....könnte ich dir leihweise meinen kleinen Ungarn überlassen.
Hallo Oli, vielen Dank für Dein Angebot. Aber ich bin gerade froh noch ein paar Tage "Luft" zu haben, da ich mich für viel zu viele Projekte habe überreden lassen und hierfür vorbereiten muss. Da kommt natürlich auch mein orgeloli Limes nicht zu kurz :-)
 
Geil, willkommen im Land der ganz dicken Saiten!
Ich habe jetzt schon den zweiten Luftbefeuchter von Venta und die Dinger sind super. Gebrauchtkauf lohnt, neu kosten die Dinger richtig was. Mein erstes Modell hat nach 9 Jahren jetzt den Dienst quittiert.
Ich habe gute Erfahrungen mit 50% Luftfeuchtigkeit gemacht und seit ich den Luftbefeuchter habe keine Probleme mehr mit Rissen und so (alter vollmassiver Böhme).

Viel Spass beim Einstieg!
 
Genau, willkommen im Club, tolle Kollegen, tolles Instrument.
Alle wichtigen Tipps hast Du ja auch schon bekommen (Geigenbauer, Bogenspiel, Leersaiten ...), gerade das Erlernen der richtigen Bewegungen ist ab Ü50 echt wichtig, da es ja schon ohne KB oft knirscht und kracht im Gebälk - zumindest bei mir. :rolleyes:
 
Eine große Herausforderung wird für mich werden die Saiten nicht zu verwechseln, da ich seit Beginn nur 5 Saiter gespielt habe. Da werde ich ein wenig umdenken und Aufmerksamkeit investieren müssen.
 

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