Correctness versus Hearness

Ich trenne das Werk vom Menschen - sonst müsste ich ja auch morgens in der Bäckerei fragen, ob mein Brot von einem Nazi gebacken wurde.
Es versaut mir tatsächlich noch nicht endgültig aber doch immer mehr den Appetit auf Franzbrötchen, daß ich die richtig geilen nur in Bäckereien bekomme, die gesellschaftszersetzenden Organen der Springerpresse massiv Vorschub leisten. Und zwar so offensiv, daß ich da auch nicht die Augen verschliessen kann ;-)
 
Nur aus Interesse, der verurteilte homophobe Mörder, müsste ja seine Strafe abgesessen haben. Was kommt jetzt von dem? Kann man da eine Resozialisierung annehmen?

Jo, er saß 14 Jahre im Gefängnis und hat sich dann von seiner Tat distanziert. Spielte dann auch wieder in ein paar Bands und hat sich ein Leben außerhalb der Musik aufgebaut.

Das ist für mich auch ein ganz klarer Grenzfall. Strafe verbüßt, danach keine Anzeichen mehr von damaligem Verhalten oder Ansichten. Da sage ich mir, dass Menschen eine weitere Chance verdient haben. Ich bin ja nur Hörer seiner Musik.

Generell ging in der norwegischen Black Metal Szene der 90er so viel scheiße ab, dass eigentlich jede Band mindestens ein Mitglied mit fragwürdigen Aktionen oder Ansichten hat.
 
kann man so sehen......die Frage ist doch aber wie und warum entstanden diese ganzen unterschiedlichen Ströme ?
Wir doktern heutzutage an den Symptomen nicht an den Ursachen.
Natürlich. Aber bitte was soll unpolitische Kultur denn sein? Kein Mensch ist unpolitisch, niemals. dulden, zulassen, ignorieren, mag alles passiv sein. Unpolitisch ist es überhaupt nicht.
 
Ich trenne das Werk vom Menschen - sonst müsste ich ja auch morgens in der Bäckerei fragen, ob mein Brot von einem Nazi gebacken wurde.
(...)

Es geht ja gar nicht ums Fragen an sich. Aber wenn man weiß, dass der Bäcker ein stadtbekannter Nazi ist, geht man da dann freiwillig hin, auch wenn die Brötchen richtig lecker sind und keine politische Bedeutung haben?
 
Ein Thema, dass ich, ehrlich gesagt, bisher immer ein wenig verdrängt habe. Ich bin da zugegebenermassen auch ziemlich inkonsequent. Sobald Politik ins Spiel kommt, wird es so gut wie immer hässlich. Solange ich von der politischen Überzeugung eines Musikers nichts weiss oder bemerke steht bei mir die Musik im Vordergrund. Politischen Extremismus in jeder Form, ob rechts, ob links, ob religiös oder sonstwie begründet lehne ich ab. Wie aber reagiere ich, würde ein Musiker, mit dem ich jahrelang gerne zusammengspielt, Bier getrunken und unterhalten habe sich z.B. plötzlich als Nazi entpuppen? Ich habe aktuell einen ähnlichen Fall in meiner Band. Ein Musiker, mit dem ich seit 15 Jahren zusammenspiele und immer sehr gut klar gekommen bin, sowohl musikalisch als auch menschlich stellt sich im Zuge von Corona politisch als völlig verstrahlter Querdenker raus. Solange das Thema nicht angesprochen wird, ist nach wie vor alles bestens, aber nun weiss ich es eben und ich merke eine gewisse Befangenheit bei mir. Eine Patentlösung oder gar konsequente Vorgehensweise habe ich nicht dafür. Bisher belasse ich es bei Verdrängen weil mir nichts besseres dazu einfällt.
 
Jo, er saß 14 Jahre im Gefängnis und hat sich dann von seiner Tat distanziert. Spielte dann auch wieder in ein paar Bands und hat sich ein Leben außerhalb der Musik aufgebaut.

Das ist für mich auch ein ganz klarer Grenzfall. Strafe verbüßt, danach keine Anzeichen mehr von damaligem Verhalten oder Ansichten. Da sage ich mir, dass Menschen eine weitere Chance verdient haben. Ich bin ja nur Hörer seiner Musik.
Da würde ich tatsächlich das mit der Chance vorne sehen.
 
Ich trenne nicht.
Gute Songs sind und bleiben gute Songs.

Wagner war ein grandioser Komponist. Punkt. Ich höre mir seine Musik an und lese nicht seine geistigen Ergüsse zu irgendwelchen Themen.
Michael Jackson hat tolle Lieder gemacht. Punkt. Trotz seiner Kinder-Sauereien.
Xavier Naidoo hat eine tolle Stimme. Punkt. Trotz Schwurbler.
Chick Korea war ein grandioser Keyboarder. Punkt. Scientology? - mir egal.

Die politische Einstellung der Musiker interessiert mich nicht.
Noch dazu kann man nie sicher sein, ob jemand nicht eine Rolle spielt und deshalb besonders PC ist und im Herzen ist ein tiefschwarzer Kern.
Gerade Musiker haben oft eine Bühnenfigur.


Was mich aber sehr wohl interessiert ist der Inhalt der Texte: das ist absolutes KO-Kriterium.
Beschimpfungen, Herabwürdigungen sind ein NoGo.
Ich mag aus dem Grund keinen Hiphop, mit Gewaltandrohungen, ACAB-Sagern und inflationär gebrauchten N-Wort (auch wenn es von Schwarzen gebraucht wird - das macht keinen Unterschied).

Hingegen wird Rammstein oft ins rechte Eck gestellt, obwohl mir defacto rechten Sager aus ihren Texten bekannt sind. Aus dem rollenden "R" und theatralischen Gesang und Auftreten wird da sehr schnell abgestempelt. Paradox, oder?
 
Natürlich. Aber bitte was soll unpolitische Kultur denn sein? Kein Mensch ist unpolitisch, niemals. dulden, zulassen, ignorieren, mag alles passiv sein. Unpolitisch ist es überhaupt nicht.
naja....man könnte auch sagen.....ein anderer ist immer das was du selbst drin siehst und das muss nicht zwingend das gleiche sein was er wirklich ist oder darstellen möchte.
Oder andere spiegeln dir nur was du selbst bist.

Naja dieses ganze Überinterpretieren ist nicht hilfreich und schon garnicht zielführend.

Wie erwähnt........wir sollten wieder mehr fühlen als alles versuchen mit Hirn zu analysieren.
Wenn das wirklich jeder machen würde oder gemacht hätte gäbe es viele Probleme nicht und die meisten Fragen würden garnicht entstehen
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie aber reagiere ich, würde ein Musiker, mit dem ich jahrelang gerne zusammengspielt, Bier getrunken und unterhalten habe sich z.B. plötzlich als Nazi entpuppen? Ich habe aktuell einen ähnlichen Fall in meiner Band. Ein Musiker, mit dem ich seit 15 Jahren zusammenspiele und immer sehr gut klar gekommen bin, sowohl musikalisch als auch menschlich stellt sich im Zuge von Corona politisch als völlig verstrahlter Querdenker raus. Solange das Thema nicht angesprochen wird, ist nach wie vor alles bestens, aber nun weiss ich es eben und ich merke eine gewisse Befangenheit bei mir.

ich denke, im privaten wären wir alle besser dran, wenn wir uns gegenseitig zuhören würden. im privaten höre ich jedem zu und distanziere mich von niemandem, egal, ob er im knast war oder politische ansichten hat, die nicht die meinen sind.
im öffentlichen bereich ist das anders. da gibt es keinen dialog, da hab ich nur die möglichkeit, das jeweilige kunstwerk und den jeweiligen künstler auf mich einwirken zu lassen, oder eben nicht. weil das eine sehr einseitige beziehung ist, entscheide ich dann, ob ich das in meinem leben haben will oder nicht.
ich würde kein ekliges kunstwerk an meine wände hängen, auch wenn es ein wirklich kostspieliges kunstwerk wäre. netflix zb will ich nicht (mehr), und rammstein auch nicht - da muss ich nicht erst diskutieren, welch geistes kind die nun sind. ich bin dann lieber ein kunstbanause, als mich dem auszusetzen.

wäre till lindemann ein freund von mir, wäre es etwas anderes, denn dann gäbe es einen austausch.

keine ahnung, ob das sinn gibt.
 
ich denke, im privaten wären wir alle besser dran, wenn wir uns gegenseitig zuhören würden. im privaten höre ich jedem zu und distanziere mich von niemandem, egal, ob er im knast war oder politische ansichten hat, die nicht die meinen sind.
im öffentlichen bereich ist das anders. da gibt es keinen dialog, da hab ich nur die möglichkeit, das jeweilige kunstwerk und den jeweiligen künstler auf mich einwirken zu lassen, oder eben nicht. weil das eine sehr einseitige beziehung ist, entscheide ich dann, ob ich das in meinem leben haben will oder nicht.
ich würde kein ekliges kunstwerk an meine wände hängen, auch wenn es ein wirklich kostspieliges kunstwerk wäre. netflix zb will ich nicht (mehr), und rammstein auch nicht - da muss ich nicht erst diskutieren, welch geistes kind die nun sind. ich bin dann lieber ein kunstbanause, als mich dem auszusetzen.

wäre till lindemann ein freund von mir, wäre es etwas anderes, denn dann gäbe es einen austausch.

keine ahnung, ob das sinn gibt.
solang es für dich stimmig ist gibt es Sinn......nothing else matters
 
Interessantes Thema. Grundsätzlich für mich nicht mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten. Beates Aussagen, so klar sie sein mögen, finde ich schwierig. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut unserer demokratischen Gesellschaft, und in meinen Augen darf auch jede/r seine Meinung äußern, so lange sein/ihr Handeln im Einklang mit unserer demokratischen Grundordnung und den Gesetzen steht. Völlig egal, ob die Meinung dem vorherrschenden Zeitgeist entspricht oder nicht. Ganz egal ob andere, die die Meinung teilen, ebenjene Grenzen überschritten haben. Cancel Culture ist totalitäres Handeln.
Lieder wie "Behind Blue Eyes" in diesem Zusammenhang zu nennen, entspricht exakt dieser Cancel Culture. Wer sich den Text durchliest, mag zwar viel Raum finden, um persönliche Einstellungen oder Erfahrungen hineinzuinterpretieren, eindeutige Aussagen zu Kindesmissbrauch stehen aber schlicht nicht drin und wurden meines Wissens von Townshend auch nie eingeräumt. Leider machte er halt den Fehler, sich im Internet nachvollziehbar auf den falschen Seiten zu tummeln, wobei selbst dies (Quelle: Wikipedia) sich wohl als falsch herausstellte.

Beispiele rechtsextremer Gesinnung finde ich allgemein etwas unscharf, da Rechtsextremismus und Rechtskonservativismus sich in Teilen immer mehr anzunähern scheinen. Stichwort "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen." Grundsätzlich trenne ich Kunst und Künstler voneinander, oder ich versuche es wenigstens. Würde Xavier Naidoo tolle Musik machen, wäre es sein Privatvergnügen, ob er sich gedanklich in der Nähe der Reichsbürgern und Antisemiten sieht, seine Musik sollte für sich stehen können. In dem Moment, wo er in seinen Texten eben diese Gesinnung zum Thema macht, nutzt er seine Popularität, um Einfluss zu nehmen und Hörer zu mobilisieren. Da bin ich dann raus, egal ob Gerichte es im rechtlichen Rahmen als legitim einstufen oder nicht. Selbst von unserer Gesellschaft Meinungsfreiheit einfordern, und gleichzeitig den gesamten Staat ablehnen und umbauen wollen, der unter anderem genau das garantiert, das passt nicht.

Ob nun Chick Corea Scientologe war oder nicht, ist mir hingegen völlig egal, da trenne ich dann auch komplett. Seine Musik hat keinerlei ideologische Funktion, und niemand gerät in die Fänge von Scientologen, nur weil manchmal daheim Spain läuft. Ehrlich gesagt wusste ich bis eben nicht einmal, dass Chick Corea Scientologe war, und das Wissen darum macht seine Musik nicht besser oder schlechter. Wagner war bekennender Antisemit, so what? Ich mache mich doch nicht mitschuldig am Holocaust, als dessen "Soundtrack" man Wagner vielleicht bezeichnen könnte, wenn mir die eine oder andere Wagner-Oper gefällt. Und Wagner selbst hat seine Musik vermutlich auch nicht mit der Intention geschrieben, damit politische Gegner im KZ zu foltern.

Anders verhält es sich in meinen Augen bei Rechtsrock-Bands, die ihre Haltung in Songs zum Ausdruck bringen und die damit Stimmung gegen unser Staatssystem zu machen versuchen. Oder zu Gewalt gegen gesellschaftliche Gruppen aufstacheln. Hier reden wir dann nicht mehr von freier Meinung im Rahmen der demokratischen Grundordnung, sondern vom Versuch, dagegen aufzubegehren. Als überzeugter Demokrat kann ich solche Sachen nicht akzeptieren, und sei die Musik noch so gut. Man könnte sagen, der Text macht die Musik.

So, und nun Feuer frei, meine Aussagen könnten ja durchaus etwas polarisieren.
 

NSBM was es alles krankes gibt.....offensichtlich krank.....letztendlich haben diese suprfreikirchler einfach Recht, wonach man einfach gar keine "westliche" Musik mehr hören sollte...alles krass behaftet mit Wohlstandsmüll....wo zur Liebe auch ein teuer gekauftes Valentinsgeschenk gehört...und zur Zufriedenheit ein entsprechendes Statussymbol.

Andererseits....ich kann seltenst auf Texte hören...ich nehme sie einfach meistens nicht wahr, aber ich bin sehr gut darin die Aussage des Liedes nur über die Musik zu fühlen.......selbstverständlich geht das nur bei guter Musik.

Da geht's dann aber schon los, für viele ist gute Musik mit einer Schublade verbunden, für mich ist gute Musik eine Musik, die das entsprechende Gefühl rüberbringt.

Und ja manchmal isses gut Wut rauszulassen, aber bei wütender Musik sollte man sehr vorsichtig sein.

Oli
 
ich denke, im privaten wären wir alle besser dran, wenn wir uns gegenseitig zuhören würden. im privaten höre ich jedem zu und distanziere mich von niemandem, egal, ob er im knast war oder politische ansichten hat, die nicht die meinen sind.
im öffentlichen bereich ist das anders. da gibt es keinen dialog, da hab ich nur die möglichkeit, das jeweilige kunstwerk und den jeweiligen künstler auf mich einwirken zu lassen, oder eben nicht. weil das eine sehr einseitige beziehung ist, entscheide ich dann, ob ich das in meinem leben haben will oder nicht.
ich würde kein ekliges kunstwerk an meine wände hängen, auch wenn es ein wirklich kostspieliges kunstwerk wäre. netflix zb will ich nicht (mehr), und rammstein auch nicht - da muss ich nicht erst diskutieren, welch geistes kind die nun sind. ich bin dann lieber ein kunstbanause, als mich dem auszusetzen.

wäre till lindemann ein freund von mir, wäre es etwas anderes, denn dann gäbe es einen austausch.

keine ahnung, ob das sinn gibt.
Das ergibt sogar sehr viel Sinn. Auch wenn ich Rammstein jetzt noch nicht so komplett abgeschrieben habe ;-) Aber auf meiner Top 10 Playlist steht auch eher anderes.
 
Im zweiten Fall, der auch in den 1960ern spielt, nenne ich Neger selbstverständlich Neger, weil Neger nun mal Neger sind.

Und Zigeuner sind nun mal Zigeuner.
Wenn du geschrieben hättest, dass in den Sechzigern Menschen mit dunkler Hautfarbe in Deutschland selbstverständlich Neger genannt wurden, hätte ich nichts dazu geschrieben. Aber "weil Neger nun mal Neger sind" ...und "Zigeuner sind nun mal Zigeuner" finde ich ziemlich daneben.
Politik und speziell Religion hat im kulturellen (aus meiner Sicht) absolut nichts verloren.
Erklär das mal dem guten alten Johann Sebastian
Bisher belasse ich es bei Verdrängen weil mir nichts besseres dazu einfällt.
Ich hätte versucht, es vielleicht positiver auszudrücken. Vielleicht eher wie @Metalfist schreibt:
Die politische Einstellung der Musiker interessiert mich nicht.
Solange sich die Künstlerin, der Künstler in einem Spektrum befindet, das gesellschaftlich akzeptiert ist, ist es sowieso kein Problem. Wenn der politische Hintergrund von Künstlern zu Extremen neigt, was gar nicht so selten ist, wird es interessant: Wenn die Kunst Propaganda ist, muss man halt Stellung beziehen. Ich persönlich habe keine Probleme damit, die Reichsparteitagsästhetik der Frau Riefenstahl scheiße zu finden, auch wenn ich die Wirkung auf einfache Gemüter verstehe. Die Adaption dieser Ästhetik inclusive gerolltem R in der "neuen deutschen Härte" finde ich ebenfalls scheiße. Auch wenn die adaptierenden Personen vielleicht gar keine Nazis sind. Ich finde es als ästhetisches Zitat scheiße. Dagegen mag ich David Bowie, dem ja auch vorgeworfen wird, eine Faszination für den Faschismus gehabt zu haben.

Ich entscheide da völlig subjektiv. Spain blöd zu finden, weil Chick Corea Scientologe ist? Käme mir nicht in den Sinn. Habt ihr eine Ahnung davon, wo Michelangelo politisch stand? Mein Entscheidungskriterium in der Kunst ist: Gefällt mir das oder gefällt mir das nicht? Ich mache es mir aber nicht so einfach, wie sich das jetzt anhört. Wenn man genau hinguckt, entdeckt man Parallelen bei Bowie und Riefenstahl. Ich finde, Kunst und Musik sind auch dazu da, sich zu reflektieren. Musik ist aber genau so dazu da, mal völlig von der kontrollierten Ebene wegzudriften. Ich frage mich dann aber, was mich daran so fasziniert. "Girls got rhythm, backseat rhythm" sagt mindestens so viel über meinen Geisteszustand mit 16 aus, wie über den der Verfasser.

Wenn ich norwegischen deathmetal gut finden würde, würde ich darüber nachdenken, was mir daran gefällt und hätte eine Therapiestunde gespart.
:bier:
 
Zuletzt bearbeitet:
Bisher belasse ich es bei Verdrängen weil mir nichts besseres dazu einfällt.
Vielleicht etwas konkreter formuliert: was Musik betrifft versuche ich Politik so weit wie möglich von mir fern zu halten. Allerdings geht das nur bis zu einer gewissen Grenze. Wer sich offen radikal äussert oder mich gar missioniert, sowohl rechts als auch links, religiös oder sonstwie dogmatisch hat bei mir ausgekaspert. Von Pädophilen oder sonstigen Kriminellen brauchen wir gar nicht erst anfangen. Da kann es dann auch mal handgreiflich werden.
 
Eine sehr üble Geschichte vor ein paar Jahren:

Die nicht unbekannte Hardcore-Band Wolfdown rühmte sich doch Antifa, vegan, feministisch, superlinks, etc... zu sein.

Der Gitarrist hat (ich gebe hier meine Erinnerung von damals wieder, was die Betroffenen schrieb) scheinbar gezielt nach schwachen Frauen (Missbrauchsopfer) gesucht, die er manipulieren und nötigen konnte.
Wolfdown hat sich dann aufgelöst, als bekannt wurde, dass auch die Bandkollegen schon längere Zeit von dem Treiben wussten und weggesehen haben.
Ich glaube mich zu erinnern, dass der Schlagzeuger auch beteiligt war.

Nach aussen transportierte angebliche Gesinnung macht da nichts mehr gut. Viel eher ist es Hohn auf die Opfer.
 
Wer sich offen radikal äussert oder mich gar missioniert, sowohl rechts als auch links, religiös oder sonstwie dogmatisch hat bei mir ausgekaspert.
Da fällt die Zustimmung leicht. Aber wie sieht es aus, wenn dir irgendeine Musik gefällt und es stellt sich heraus, dass diese Musik geschrieben wurde, um eine Botschaft zu senden, die du nicht akzeptieren kannst?

Nebenbei: Je konkreter die Missionsabsicht ist, desto leichter fällt es, so etwas nicht gut zu finden, weil der künstlerische Gehalt bei sowas meistens auch dürftig ist.

Kunst ist aber nicht: "Was will uns der Künstler damit sagen?" sondern "Welche Empfindungen ruft die Kunst bei mir hervor?" Insofern kann man Kunst völlig unabhängig von der Intension des Künstlers genießen. Man sollte sich nur Gedanken machen, wenn man sich beim Triumph der Willens schauen oder beim Wagner hören bei dem Gedanken erwischt, dass der deutsche Mensch anderen Menschen gegenüber doch irgendwie überlegen sei.
:bier:
 
Wenn du geschrieben hättest, dass in den Sechzigern Menschen mit dunkler Hautfarbe in Deutschland selbstverständlich Neger genannt wurden, hätte ich nichts dazu geschrieben. Aber "weil Neger nun mal Neger sind" ...und "Zigeuner sind nun mal Zigeuner" finde ich ziemlich daneben.

Danke dafür! Immer diese Entschuldigungen, nochmal ordentlich das N-Wort rauszuhauen. Widerlich.

Erklär das mal dem guten alten Johann Sebastian

Ich hätte versucht, es vielleicht positiver auszudrücken. Vielleicht eher wie @Metalfist schreibt:

Solange sich die Künstlerin, der Künstler in einem Spektrum befindet, das gesellschaftlich akzeptiert ist, ist es sowieso kein Problem. Wenn der politische Hintergrund von Künstlern zu Extremen neigt, was gar nicht so selten ist, wird es interessant: Wenn die Kunst Propaganda ist, muss man halt Stellung beziehen. Ich persönlich habe keine Probleme damit, die Reichsparteitagsästhetik der Frau Riefenstahl scheiße zu finden, auch wenn ich die Wirkung auf einfache Gemüter verstehe. Die Adaption dieser Ästhetik inclusive gerolltem R in der "neuen deutschen Härte" finde ich ebenfalls scheiße. Auch wenn die adaptierenden Personen vielleicht gar keine Nazis sind. Ich finde es als ästhetisches Zitat scheiße. Dagegen mag ich David Bowie, dem ja auch vorgeworfen wird, eine Faszination für den Faschismus gehabt zu haben.

Ich entscheide da völlig subjektiv. Spain blöd zu finden, weil Chick Corea Scientologe ist? Käme mir nicht in den Sinn. Habt ihr eine Ahnung davon, wo Michelangelo politisch stand? Mein Entscheidungskriterium in der Kunst ist: Gefällt mir das oder gefällt mir das nicht? Ich mache es mir aber nicht so einfach, wie sich das jetzt anhört. Wenn man genau hinguckt, entdeckt man Parallelen bei Bowie und Riefenstahl. Ich finde, Kunst und Musik sind auch dazu da, sich zu reflektieren. Musik ist aber genau so dazu da, mal völlig von der kontrollierten Ebene wegzudriften. Ich frage mich dann aber, was mich daran so fasziniert. "Girls got rhythm, backseat rhythm" sagt mindestens so viel über meinen Geisteszustand mit 16 aus wie über den der Verfasser.

Das finde ich tatsächlich eine sehr reflektierte Sichtweise. Insbesondere mit Blick auf die Fragen der Ästhetik und wo die Kunst endet. Krasses Beispiel wäre da noch Laibach, die die Faschostilistik als Systemkritik wirklich ausgereizt haben.

Wenn ich norwegischen deathmetal gut finden würde, würde ich darüber nachdenken, was mir daran gefällt und hätte eine Therapiestunde gespart.
:bier:

Norwegischer Blackmetal, so viel Zeit muss sein. :D

Aber diese Musik ist ein gutes Beispiel für diese Konflikte. Denn warum hört man das? Musikalisch setzt es auf Atmosphäre, bedrückende Klänge und Melodien. Gesungen wird zumeist über Naturthemen, alles Schlechte und heidnisches Gedankengut als Antithese zum christlichen Glauben (oder über Satanismus - aber das war gar nicht mal so maßgeblich für den frühen 90er Black Metal aus Norwegen). Aber textlich lassen sich diese von mir aufgeführten Konflikte (allen voran rechte Scheiße, Homophobie etc) gar nicht verorten. Das kommt erst dann, wenn man sich mal tiefergehend mit einigen Musikern auseinandersetzt. Da kann man sagen "ist mir alles egal, ich mag die Musik" oder man kann zeigen, dass man Überzeugungen hat, reflektiert handelt und im Zweifel auch mal private Entscheidungen trifft, die einem etwas wegnehmen, was man eigentlich mal mochte oder immer noch mag.
 
Da kann man sagen "ist mir alles egal, ich mag die Musik" oder man kann zeigen, dass man Überzeugungen hat, reflektiert handelt und im Zweifel auch mal private Entscheidungen trifft, die einem etwas wegnehmen, was man eigentlich mal mochte oder immer noch mal.
"...ist mir alles egal, ich mag die Musik" fände ich ein bisschen schwach. Aber es kann doch sein, dass man sagt "ich finde die Einstellung, die dahintersteckt, völlig scheiße, aber mir gefällt die Musik" das finde ich sehr schwierig, aber auch interessant, weil ich selbst ja kein Muster für political correctness bin und diese "das darf man ja heute nicht mehr sagen"-Haltung ziemlich schwach finde. Entweder will ich nicht mehr diskriminierende Unwörter wie "Neger" gebrauchen oder ich lasse mir den Mund nicht verbieten.
 

Zurück
Oben Unten