Was haben hier eigentlich so viele gegen Punkrock?

Ja, cellkirk, das ist alles irgendwie an mir vorbeigerauscht.
Mein Interesse an Musik hörte schlagartig 1980 auf, als ich mir ein uraltes Bauernhäuschen kaufte und mit dem Wiederaufbau begann, Mitte und Ende der Achziger kamen die Kinder und die Selbständigkeit. Ende der Neunziger fing ich an Bass zu spielen und erst da knüpfte ich an "meine" Musik der Siebziger wieder an.
Daher verbinde ich mit Punk immer noch das Bild, das er in den Siebzigern abgab.
Dazu kommt, dass ich ein langsamer, friedlicher Typ bin (aha, erstmal gucken), den Speed und die unterschwellige Agression mancher Punkband kann ich nicht mitempfinden. Affin war mir der Witz von Ian Dury and the Blockheads und ähnlichen.
Aber - ein Urteil über irgendeine Sparte der Musik zu äussern, war eh nicht meine Absicht.
 
Zitat:Original erstellt von: cellkirk74

Zitat:Original erstellt von: jam_bass

Wenn man die "Superbands" mit 60er-Jahre-Ursprung betrachtet (Pink Floyd, Emerson-Lake&Palmer, LedZepp, etc. pp), die eventuell ja gar nicht ganz bewusst in ihren Giganten-Star-Status gerutscht sind, kann man eine Kontrabewegung nur begrüßen.
Musikalisch betrachtet ist aber auch dem ProgRock eine individuelle, unkonventionelle Umsetzung der Vorstellungen nicht abzusprechen - und auch der gute Rory, dem die Punks in die Lautsprecher gepinkelt haben, hat völlig unabhängig und bewusst selbständig geackert.

Beim letztjährigen Punk-Festival hier in der Nähe (Panzergraben-Festival in Welschbillig), das sicherlich mangels Größe nicht sonderlich repräsentativ ist, fiel mir auf, dass es musiklaisch recht wenig Individualität gab.
Eher verbindet alle dabei zu sehenden Punker eine spätpubertäre Kotz-auf-alles-Haltung, eine freudig aufgenommene Gelegenheit zum hemmungslosen Gröhlen, forcierte Mitmach-Energie auf niedrigem Anspruch und eine verbale, radikale Distanzierung von Nicht-Gruppenangehörigen bis hin zu peinlich gelallten politischen Statements.
Das mag alles jetzt etwas zu negativ klingen - und ich habe letztendlich auch durchaus eine Nische im Kopf reserviert für diese Funktion als Looser-Ventil. Letztlich scheitert's bei mir an fehlender Begeisterung für das musikalische Grundkonzept und die transportierte Parole.
Mir ist in beiden Aspekten eine "verkopfte" (oder besser weniger erdenschwere) Umsetzung lieber.

Naja, wie bei allen Schubladen (Prog ist ja auch so eine) wird eben unter Punk alles mögliche zusammengeworfen. Der Unterschied zu den anderen Musikströmungen war konzeptionell aber klar der, dass es auf ' Können' am Instrument nicht ankam, sondern auf die Message. Ein musikalisches Sprachrohr eben auch für die ohne musikalische Vorbildung und auf diese Weise ein Podium für ihre Befindlichkeiten und mal abesehen von der ersten Castingband der Welt, den Sex Pistols, auch für die Probleme vieler erste Stunde Bands.

Ich kann selber auch nicht viel mit dem englischen Punk anfangen, der mir immer etwas zu prollig und tumb war. Dafür kann ich mich seit jeher gut mit der Suburb Kulter der ersten Punk / HC Wellen in den USA identifizieren. In den frühen 80gern gab es nichts an Jugendkultur abseits des kommerziellen Mainstreams. Wer daran nicht teilnehmen konnte war faktisch 'raus'.

Es gab Gangs, ordentlich Gewalt und allerlei Frust. Ganz gut erklärt das dieser Film:
http://www.moviepilot.de/movies/american-hardcore/trailer

Die Leute haben sich dann ihre eigene Scene mit eigenen Clubs, Collegeradiosendern etc. geschaffen, was in den Zeiten vor Händy und Internet wie Du weist deutlich schwieriger war. Vom Selbstverständnis her ist das eher vergleichbar mit der politischen Hausbesetzerszene bei uns oder der SHARP Skin Bewegung in England (Ska), nur eben aufgrund des unterschiedlichen Selbstverständnises ohne den überbordenden politischen Überbau.

Musikalisch finde ich die Zeit zwischen 1987 und 1993 am interessantestens, was aber auch daran liegen mag, dass ich die aktiv mitbekommen habe. Da gab es Bands, die zum euinen anständig spielen konnten und zum anderen, und da widerspreche ich Dir, in ihren Songs und vor allem Live Energien freisetzen konnten, die man so vorher nicht kannte.

Sowas wie mein erstes Bad Religion Konzert 1989 oder NoFX ein Jahr später gabs bis dahin sogut wie nicht. Das spilete sich dann auch in einem etwas größeren Rahmen ab.

Z.B. Green Day habe ich das erste mal an der FH Frankfurt in einem Raum für ca. 60 Leute gesehen. Es gab noch keine Platte von denen, ne Bühne auch nicht. Die Show war aber schon damals sehr gut, aber weit weniger pathetisch als der Rockstarkram. Erst im Jahr darauf kam Dookie (1. LP) raus und sie spielten im JuKuz in taunusstein, dann vor ca. 100 Leuten.

Ich könnte auch noch von der ersten RATM Tour als Support von Suicidal Tendencies erzählen. Auch da war die erste Platte hier noch nicht raus. Oder die wahnsinnigen Shows von NoMeansNo, die ungekannte Power von Sick of it All oder die unglaublichen Songs von Hüsker Dü, ALL, den Mighty Mighty Bosstones, frühe Fishboneshows oder die an sich unglaublichen Rocket from the crypt.

Alle hatten eins gemein. Sie haben etwas neues gemacht und damit zum Teil Trends kreiert, anstatt sich auf Althergebrachtem auszuruhen.
erinnert mich etwas an das hier,
auch wenn es 16tel punk ist.

http://youtu.be/3j_ZMD6TNGc

 
Aus aktuellem Anlass hole ich das Ding hier mal wieder aus der Versenkung. Seit 2006 ist viel passiert, aus meiner damaligen Punkband Crapstar ist inzwischen ne Soulband geworden, aber trotzdem zieht es mich doch immer wieder zum Gitarrenlärm.

Mir scheint dass mit den Jahren die allgemeine Akzeptanz für Laute Musik gestiegen bzw. solche mit immer wachsender Gleichgültigkeit begegnet wird. Wie seht Ihr das?

ZUletzt würd ich mich über aktuelle Anspieltipps freuen, falls jemand ne neue gute Band kennt...
 
Seit kurzem laufen bei mir die beiden Alben von Lars Frederiksen and the Bastards (ein Nebenprojekt von einem der Rancid Gitarristen). Geniale Alben, wenn auch 10 und 13 Jahre alt.
Außerdem habe ich letztes Jahr NOFX wieder für mich entdeckt und seit Beginn dieses Jahres besitze ich die "Wolves in wolves' clothing", welche ich durchweg gelungen finde (abgesehen vom 10 Minuten Demo Hiddentrack).
 
Das kann ich unterschreiben. Wenn Du sowas magst hör mal bei Rocket from the Crypt oder Descendents rein, falls Du die nicht eh schon kennst.
 
Manchmal mag ich Robbie Williams. Und das als Punk/Hardcore Fan.
Es hat sich sogar ein Best Of Album auf meinen Stick verirrt.

Damit kanns aber auch mal leicht peinlich werden. Folgt direkt auf Rise Against.
Hab auf nem Festival Abends noch Musik am Bus gehört, nicht grad leise, irgendwann bin ich eingepennt.
Wieder aufgewacht, Rise Against zuende und den halben Zeltplatz mit Robbie beschallt.
 

Ich habe mir im Sommer mal einige Punk O Rama CDs gekauft (Nr.1,2&4 besitze ich schon lange), da mir wieder mehr nach Punk zumute war und ich mal einen Überblick über verschiedene Bands bekommen wollte.
Von den ganzen Bands auf den CDs finde ich zur Zeit Millencolin (Schweden), die Heideroosjes (Niederlande) und Pulley (USA) am besten. Millencolin haben im Laufe der Jahre einen leichten Stilwechsel vollzogen, den ich ohne die Punk O Ramas nicht mitbekommen hätte.
Hier mal einige Hörproben:
Millencolin- Mooseman's Jukebox

Heideroosjes- Watch me play

Pulley- Insects destroy
 
Entsprechend meinem Alter bin ich in Sachen Punkrock eher oldschool eingestellt: Clash, Ramones (habe ich noch in Original-Besetzung live gesehen anno 19xx), Sex Pistols; dazu noch Bad Religion, Dead Kennedys, Descendents usw. ...

Die ganzen Crossover- oder XY-Core-Kapellen (oder Pseudo-Punks wie Green Day) finde ich irgendwie langweilig - das haben NoMeansNo alles schon vor 25 Jahren besser gemacht :-P...
 
Na gut - aber NoMeansNo sind schon sehr speziell und eigen. Aber geiler Bass, gell?!? Mitte/Ende der 80er ein großer Einfluss für mich, bevor ich eine Pause am Bass einlegte.
Green Day muss ich aber in Schutz nehmen - nur weil sie Superstars geworden sind, sind sie noch lange nicht Pseudo-Punks. Die haben auch die ganz kleinen Clubs und Häuser gespielt, z.B. das Störtebeker in Hamburg. Sie haben Glück gehabt und waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und wo zum Henker steht denn geschrieben, daß man als Punk-Band nicht erfolgreich sein darf? Muss man wg. der street-credibility in der Gosse verrecken? Nee, die ham schon was!
Sowieso viel zu viel Ideologie mit im Spiel beim Punk heutzutage, anstatt sich zu freuen wenn es einer aus den eigenen Reihen schafft, sich aus dem Sumpf zu ziehen.


cheers
us
 
Aber recht hat er. Ich hab die zum ersten mal noch vor dookie in der FH Frankfurt gesehen, da war Billy gearde 18 geworden. Publikum vielleicht 60 Leute. Das nächste mal dann im JuKuZ Taunusstein Hahn, da waren es dann vielleicht 120. Und die haben Spass gemacht.

Ich finde es ja toll dass dieser Fred immer mal wieder hoch kommt.

Hier mal was geiles aus dem letzten Jahr. FLAG (Quasi Black Flag in Urbesetzung mit Stephgen Egerton von Descendents statt Greg Ginn), vor allem Billy Stevenson an den Drumms ist immer ein Hammer,Spitzname Drum Ogre!

full set:

 
Und hier noch meine absolute Lieblingsband live dieses Jahr: ALL at Punk Rock Bowling:



Wer behauptet Punk sei so simpel soll das mal Karl am Bass nachmachen...
 

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