Anfragen bleiben aus, was tun?

Bei uns ist dieses Jahr auch sehr wenig los. Anfragen haben wir genügend, aber nach der Nennung unserer Preisvorstellung, kommt dann oft nix mehr bzw. „zu teuer.“

Dabei sind unsere Preise seit 3 Jahren nicht gestiegen. Sehr komisch dieses Jahr...

Achja: ich finde 300€ als Pro-Mukker sind voll in Ordnung - insbesondere wenn man sich ganze Programme drauf schaffen muss.
 
Ciao @f_luxus

ja, ganz eindeutig ist die Anzahl der Jobs zurückgegangen und es wird auch ganz massiv versucht, bei den verbliebenen die Gagen zu drücken. Es ist hier in der Branche wie in vielen anderen mittlerweile auch, die Qualität spielt keine Rolle mehr, hauptsache billig. Dafür bin ich mir mittlerweile zu schade, nicht dass ich zu gut oder so wäre, aber ich bin mit beinahe fünfzig Jahren auch wählerisch geworden. Und ja, 2019 war bisher auch bei mir mein bisher schlechtestes Jahr in Sachen Jobs und den meisten Absagen.

Das Problem bei mir ist, dass wenn ich nichts zu tun habe auch nichts übe, somit wird dieses Jahr auch musikalisch für mich eher mau. Ich muss mir etwas überlegen z.B. mir ein interessantes Projekt aus dem Ärmel leiern, damit ich auf der Höhe bleibe. Mein Alter hilft allerdings auch nicht wirklich, um im Gespräch zu bleiben. Mal sehen, wie das weiter geht. Ja ich weiss, das ist mein eigenes Problem und ich jammere ja gar nicht, stelle nur fest.

Gruss
claudio
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann zur Not auch komplett vom Unterrichten leben. Aber will ich das?

Irgend eine Kröte will immer geschluckt werden, das ist in fast allen anderen Jobs auch so. Das Problem bei uns Berufsmusikern: Wir machen irgendwann das bis dahin schöne Hobby zum Beruf. Und auf der Strecke bleiben dann automatisch die rosaroten Idealvorstellungen, wie dieser Job denn auszusehen habe.

Ich fahre eine Kombi aus Spielen, Unterrichten und Bühnentechnik. Das teilt sich nicht immer zu gleichen Teilen auf, ich kann auch jederzeit eine Flaute in einem der 3 Standbeine überbrücken, ich kann sogar mehrere Monate komplett ohne ein einziges durchhalten, weil ich schon sehr lange mit einer stabilen Rücklage arbeite. Mein Rentenerwartungsbescheid (oder wie auch immer der heißt) reicht nicht für Jubelarien, sieht aber unterm Strich nicht so schlecht aus, dass man Angst haben muss.

Mit der irgendwann einsetzenden "Ernüchterung" muss man irgendwie klarkommen. Eines Tages fällt auf, dass ein Teil der am Anfang mal hoch angesetzten Ziele nicht zu verwirklichen ist, man kann eine bestimmte Einkommensgrenze nie und nimmer knacken, man muss mit instabiler Kassenlage umzugehen lernen, das "Gestrampel" hört letztlich nie auf. Es gibt keinen Punkt, an dem ich sagen kann: Alles klar, der Laden läuft, das geht jetzt immer so weiter. Außerhalb der Musikerromantik heißt das "prekäres Arbeitsverhältnis", und genau das ist es auch bei strenger Betrachtung. Phasen des Frustes sind unvermeidlich.

Inzwischen habe ich über 30 Jahre auf dem Buckel, viele Kollegen haben aufgegeben bzw. machen was Anständiges. Einige haben sich in Randbereiche gerettet, wie ich das teilweise ja auch mache. Besonders frustrierend ist immer mal wieder, dass der Fleiß, die persönlichen Fähigkeiten letztlich kaum Einfluss haben auf die Auftragslage, der Zufall ist der Herr meines Kalenders, man hat abgesehen vom Unterrichten praktisch keine Möglichkeiten, die eigene Person einzusetzen und dadurch Beziehungen langfristig zu halten. Ich habe z.B. jahrelang für den selben Nobelschuppen die Empfänge gespielt, gediegenes Ambiente, feine Anzüge, ordentliche Gagen, kaum Aufwand außer den Hörer abheben und den Termin zusagen. Dann ging der Chef in Rente, der Nachfolger sagte: Ach, das sind doch die, die hier schon immer die Empfänge gespielt haben, wir nehmen da jetzt mal wen anders. Einfach so, kommentarlos und nach hunderten von für alle Seiten sehr erfolgreichen Veranstaltungen ohne Verspätungen, Beschwerden oder Übergriffen. Nichts. Alles super, war nett mit euch.

Und dann gibt es diese sehr guten Phasen, da läuft alles wie am Schnürchen, der Rubel rollt, großes Kino, große Emotionen, standing ovations. Ich hatte sowas mal über 10 Jahre am Stück, durchgehend und zickenfrei. Kriegt man in der Dichte und Dauer heute nicht mehr hin, passiert dennoch so oft, dass ich nicht anders kann, als dabeizubleiben. Es juckt dann doch immer noch im Arsch ....
 
Ich wollte tatsächlich auch nicht jammern, ich war nur irgendwie geschockt, dass so wenig los ist.
Wie eingangs erwähnt kann ich auch vom unterrichten leben, aber ob ich das wirklich will? Ich brauche schon ab und zu bissl Bühne unter den Füßen...
Ich hatte vor 2 Jahren ziemlichen Zoff mit zwei Musikern, manche können sich an eine Sache vielleicht noch erinnern. Die andere Geschichte war mit einem Schlagzeuger der mich aus der eigenen Band gemobbt hat. Ich hatte zwischendurch echt Angst dass das die Spätfolgen dieser zugegeben hässlichen Situationen seien. Tatsächlich haben wir beide es aber trotz Antipathie scheinbar hinbekommen sportlich zu bleiben, ich hätte das sonst mitbekommen.
2019 scheint wirklich ein beschissenes Jahr zu sein...
 
Ich wollte tatsächlich auch nicht jammern, ich war nur irgendwie geschockt, dass so wenig los ist.

Kam zumindest bei mir auch nicht so an. Einfach nur ehrlich analysiert.

2019 scheint wirklich ein beschissenes Jahr zu sein...

Ich habe bis jetzt pro Monat so viel gespielt wie ab September pro Woche auf mich zukommt, insofern: da deutet sich ein akzeptables Endergebnis an. Aber bis dato war´s in der Tat sehr mau.
 
Ciao @f_luxus
2019 scheint wirklich ein beschissenes Jahr zu sein...
das ist so. Wenn ich Zeitung lese, erstaunt mich das aber nicht wirklich, wir leben zur Zeit in einer sehr unsicheren Welt, das hat natürlich Einfluss auf die Auftragslage.

Ich hatte auch mit meiner erfolgreichsten Truppe Probleme und spiele da leider nicht mehr mit, aber die Flaute hat mit dem nichts zu tun. Diese zieht sich durch alle meine Formationen und auch denen, bei welchen ich öfter aushelfe.

Gruss
claudio
 
Ciao @Gast76317

ich bin mir da nicht so sicher. Klar, wir hatten das damals Gleichgewicht des Schreckens und standen zumindest zwei- bis dreimal am Rande eines Weltkriegs. Aber die damaligen Führer waren viel berechenbarer als heute. Ich will mir noch nicht ausmalen was wird, wenn es zu einem erneuten Golfkrieg kommen sollte, die Zeichen stehen nicht besonders gut für Frieden. Damals in Deinen 50er bis 70er Jahren waren auch Wirtschaftswunderjahre, da wurde viel Reichtum erschaffen, nach unten weiter gegeben und viel allgemeiner Wohlstand erschaffen. Klar diente das auch der Anheizung des Konsums, welcher die Wirtschaft am wachsen hielt. Tja, unbeschränktes Wachstum gibt es nicht, das haben wir nun festgestellt, dummerweise beruht aber unser gesamtes gesellschaftliches Wohlstandsversprechen darauf. Heute haben wir einerseits eine sehr schwierige Wirtschaftlage und ausserdem wird nach oben verteilt, die Kleinen schauen eher in die Röhre, werden aber immer weiter zu Konsumsklaven erzogen, diesmal einfach mit geliehenem Geld. Bei unseren Nachkommen geliehen, um genau zu sein. Dass das nicht gut gehen kann, ist sogar mir klar. Ob ich eine Rente beziehen werden kann weiss ich auch noch nicht, die jetzigen Be- und Abrechnungen, nach welchen ich mir keine Sorgen machen müsste, müssen in 12 Jahren nicht mehr zwingend wahr sein.

Dazu kommt die Digitalisierung, welche einerseits Überwachungsphantasten in Staaten und Konzernen feuchte Träume beschert und andererseits in unserer Diskussion billig verfügbare Musik (wen interessiert schon Qualität oder Originalität) zur Verfügung stellt... All dies sind _im Moment_ keine gute Voraussetzungen.

Ich glaube aber, dass das keine dauerhafte Tendenz ist, man wird sehen. Wichtig ist aber immer, irgendeinen Backupplan zu haben, erst recht als Selbständiger.

Gruss
claudio
 
Zuletzt bearbeitet:
@ich fasse mal zusammen: die jobs werden knapper. musik wird nicht mehr wert geschätzt (ich kenne auch DJs die darüber wehklagen das sie früher 400 für die nacht bekommen haben und jetzt nur noch 150,- ... ihr seit nicht allein...) der potentielle auftraggeber kann alles -zwar ungeil abert trotzdem- billiger haben.

vielleicht muss man als pro einfach quer denken: eine idee die mir schon lange im kopf rumgeistert: eine karaokeband für metall...ja, gibt es schon zuhauf...ich weiß.

wenn man das mit ein bischen köpfchen etwas konsequenter angehen würde wär das eine...naja, geldmaschiene wär übertrieben...

biete das an: metall/punk-karaoke: man braucht in der band einen frontman der den kandidaten die angst nimmt und ihnen notfalls hilft. er muss halt auch ein sabbelkönig sein.

die band sollte über click spielen damit der "kandidat" über teleprompter singen kann.

eine mappe mit ca. 60 songs sollte schon parat sein.

wenn man ihm dann noch (gegen extracash natürlich) einen usb-stick (oder einen link), wahlweise eine gebrante cd mit cover und video, seines auftrittes anbieten kann...dann sollte sich das rechnen können.

als "band" müsste man vermutlich erst mal dreck fressen bis man einen festen slot ("jeden zweiten samstag im monat nur bei uns" ) hat, logisch. aber dann sollte das für eine geraume zeit berechenbar sein.


nur zur klarstellung: ich musste nie von der musik leben. ich hab auch mit jazz & konsorten keine kontakte. oben beschriebenes ist nur eine idee aus der sicht meines biotopes. und ein klein wenig wunschdenken...

was ich sagen will: biete was an was andere nicht können! ich weiß, ich klinge wie so ein beschissener motivationstrainer der mittelständlern mit plattitüden das geld aus der tasche zieht, aber vielleicht gibt es in deinem bereich ja auch ne idee.

warum @Gast76317 allerdings einen ziemlich belanglosen B-kommentar gleich 3-mal posten muss weiß ich auch nicht...
 

Ciao @lordbasstard

das gab es bei uns in Zürich über 10 Jahre lang und hiess "Karaoke from Hell". Rock und Metal Karaoke richtig laut, mit einer richtig guten Band und immer viel Stimmung, jeden Dienstag im Mascotte. Irgendwann hat sich das totgelaufen, der Club wurde auch geschlossen (einer der Bandmitglieder war Pächter) und jetzt machen sie es nur noch alle Jubeljahre.

Das Konzept hat aber schon mal funktioniert, probier es aus.

Gruss
claudio
 
schade daß ich von der musik nicht leben kann...

gut daß ich von der musik nicht leben muss...

was ich sagen /betonen wollte: ein veranstalter denkt: ich will stimmung mit musik den abend. die band kostet 1000,- die nacht, der DJ 200,-...

also muss man was bieten. : auf den bierfesten sagen die bands nach jedem song "prost" oder "gsuffa" oder sowas in der art...da gehen dann jedes mal ein paar liter bier die kehlen runter, den wirt freut es. der DJ kann das so nicht (oder wär halt befremdlich...). auch nur ein beispiel.

@Gast76317 : keine ahnung ob das felix und claudio als scherz auffassen, ich hab keinen abmildernden smiley gesehen, deswegen nahm ich das als bare münze. und da ich dich schätze als jemanden der eine klare ansage versteht ohne mimimi zu rufen hab ich das geschrieben. ich will und wollte hier keinen stress, solltest du dich ans bein gepinkelt fühlen: tut mir leid, war so nicht gemeint.
 
Ich meine dich jetzt nicht persönlich sondern werfe nur ein paar allgemeine Gedanken in die Runde, die wahrscheinlich überhaupt nicht auf dich zutreffen, sondern einfach eine Beobachtung der letzten Jahre sind.
In unserer Gegend (zwischen Leverkusen und Düsseldorf) gibt es nur wenige Bands, die ständig auf Stadtfesten etc. spielen und auch ganz ordentlich Geld (zumindest nebenher) verdienen.
Die spielen recht professionell und eine Truppe hat einen Drummer, der ACDC perfekt singen kann als Highlight.
Gleichzeitig sehe ich viele Bands, die erschreckend langweilig agieren. Das langweiligste Outfit, völlig abgedroschene Songs auf mittelmäßigem Niveau und am besten noch Notenständer und Lesebrille auf der Nase und beim Spielen sitzen. Ansprache ans Publikum, Fehlanzeige :igitt: Viele dieser Bands sehe ich nur noch als reine Hintergrundmusik zum Bier trinken.
Ich frage oft Schüler, welche Bands sie zuletzt auf Stadtfesten etc. gesehen haben. Sie wissen nicht einmal den Namen. Zitat: Die waren ganz ok. Heißt übersetzt: LANGWEILIG :igitt:
Ich könnte heute Abend kostenlos im Nachbarort eine Coverband auf dem Marktplatz sehen. Ich überlege mir, ob ich nicht auf der Terrasse bleibe. Das darf eigentlich nicht sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist nur schwer, wenn man einmal im Preis runtergegangen ist, hinterher wieder aufzustocken. Also entweder ausharren, wenn man nicht unbedingt darauf angewiesen ist, oder die Zeit tatsächlich in ein eigenes Projekt investieren. Vielleicht gibt es ja auch noch andere Dinge, die einem Spaß machen, wenn man endlich mal Luft dafür hat..... ;-)
 
Es ist nur schwer, wenn man einmal im Preis runtergegangen ist, hinterher wieder aufzustocken. Also entweder ausharren, wenn man nicht unbedingt darauf angewiesen ist, oder die Zeit tatsächlich in ein eigenes Projekt investieren. Vielleicht gibt es ja auch noch andere Dinge, die einem Spaß machen, wenn man endlich mal Luft dafür hat..... ;-)
Eigenes Projekt ist tatsächlich auch in der Mache :-)
 
Ja, der wird immer kleiner. Gleich ein paar Anmerkungen dazu, vorher rasch dies:



Das ist üüberhaupt nicht rumgestochert sondern der Lauf der Dinge in den oft sehr kleinen Musikerbiotopen. Mit einem - möglicherweise mit großer Attitüde vorgetragenen! - Schlusstrich stößt man den zukünftigen ehemaligen Kollegen vor den Kopf. Man wechselt seinen Status von "katze für alles fragen" nach "mault auch schon mal rum". Der Spruch "du, an dem und dem Wochenende ist mein Kalender schon randvoll!" bewirkt das Gleiche: Man macht die Gigs, auf die man keinen Bock hat, einfach nicht und das ohne Beschädigung des eigenen oder des Ansehens von Kollegen. Aber das nur nebenbei.

Das eigentliche Problem, warum sich praktisch alle Livemusikanten zu Opportunisten entwickeln müssen ist dem Umstand geschuldet, dass es immer weniger Aufträge für immer mehr mehr oder weniger gut ausgebildete und aus dieser Ausbildung einen Berufsstatus ableitenden Musiker gibt. Irgendwer kam in den 80ern, 90ern auf die glorreiche Idee, dem schwindenden Markt ein Mehr an Studienplätzen entgegenzustellen so nach dem Motto: Wenn wir genug Jazzer auf den freien Markt drücken, machen die Jazzclubs von anno dunnemohls auch wieder auf und alle haben was zu tun! Außer ein paar Dozenturen kommt zwar nix bei raus, die Inhaber dieser Pöstchen, viele davon künstlerisch gescheitert, sind aber versorgt und nähren den Mythos vom IF YOU MAKE IT THERE ...

So kam es auch zu einer weiteren Absurdity: Man studiert, um zu unterrichten und zwar diejenigen, die dann studieren, um zu unterrichten und zwar diejenigen und so weiter. Eine Vielzahl von Hochschulen, Akademien, Privatangeboten schoß und schiesst auch online in die Höhe. Dass die Rechnung nicht aufgehen kann, wenn alle alle unterrichten und niemand mehr Geld erwirtschaftet, u.a. um den Unterricht zu bezahlen, merken viele erst im Nachgang.

Konkrete Zahlen: Anfang der 90er in Deutschland rund 170 Kulturorchester, heute noch 110, Tendenz fallend. Wenn man grob 100 Nasen pro Orchester rechnet, landet man bei damals 17.000 Vollzeitstellen, heute sind es nur noch 11.000. Und? Wurde eine einzige Musikhochschule in dieser Zeit geschlossen? Jazzprofessuren Anfang der 80er: 1. In Worten: EINE. Jiggs Whigam in Köln, das war´s. Clubs? Unzählige. Dazu Kommunen mit Kulturetats und ambitionierten Konzertreihen. Jazzprofessuren heute: Unzählige, dazu Kommunen ohne Geld und damit ohne Konzertreihen und erst recht ohne Clubs. Klar, da haben sich auch Geschmäcker gewandelt, aber: Die ganzen Jazzstudenten haben nichts zu tun! Ihre Dozenten haben ja schon kaum was zu tun außer zu unterrichten. Was soll die Scheiße???

Meine Lösung: Musikhochschulen weitgehend abwickeln bis auf die, die für die Bedarfsdeckung bei den Kulturorchestern nötig sind. Die freigewordenen Etatmittel großzügig in der freien Szene verteilen und flächendeckend musikalische Angebote fördern, Clubkultur reaktivieren. Wenn man nur in meiner Stadt 2 Professuren streichen würde und die Viertelmillion in die lokale Clubszene einspeisen würde, könnte man an 250 Tagen im Jahr (!!!!) je eine Veranstaltung mit 1.000 Euro bezuschussen. Was meinst du, was hier los wäre?

Allerdings passt dieser Vorschlag so garnicht zur Umverteilung von unten nach oben ....
Irgend eine Kröte will immer geschluckt werden, das ist in fast allen anderen Jobs auch so. Das Problem bei uns Berufsmusikern: Wir machen irgendwann das bis dahin schöne Hobby zum Beruf. Und auf der Strecke bleiben dann automatisch die rosaroten Idealvorstellungen, wie dieser Job denn auszusehen habe.

Ich fahre eine Kombi aus Spielen, Unterrichten und Bühnentechnik. Das teilt sich nicht immer zu gleichen Teilen auf, ich kann auch jederzeit eine Flaute in einem der 3 Standbeine überbrücken, ich kann sogar mehrere Monate komplett ohne ein einziges durchhalten, weil ich schon sehr lange mit einer stabilen Rücklage arbeite. Mein Rentenerwartungsbescheid (oder wie auch immer der heißt) reicht nicht für Jubelarien, sieht aber unterm Strich nicht so schlecht aus, dass man Angst haben muss.

Mit der irgendwann einsetzenden "Ernüchterung" muss man irgendwie klarkommen. Eines Tages fällt auf, dass ein Teil der am Anfang mal hoch angesetzten Ziele nicht zu verwirklichen ist, man kann eine bestimmte Einkommensgrenze nie und nimmer knacken, man muss mit instabiler Kassenlage umzugehen lernen, das "Gestrampel" hört letztlich nie auf. Es gibt keinen Punkt, an dem ich sagen kann: Alles klar, der Laden läuft, das geht jetzt immer so weiter. Außerhalb der Musikerromantik heißt das "prekäres Arbeitsverhältnis", und genau das ist es auch bei strenger Betrachtung. Phasen des Frustes sind unvermeidlich.

Inzwischen habe ich über 30 Jahre auf dem Buckel, viele Kollegen haben aufgegeben bzw. machen was Anständiges. Einige haben sich in Randbereiche gerettet, wie ich das teilweise ja auch mache. Besonders frustrierend ist immer mal wieder, dass der Fleiß, die persönlichen Fähigkeiten letztlich kaum Einfluss haben auf die Auftragslage, der Zufall ist der Herr meines Kalenders, man hat abgesehen vom Unterrichten praktisch keine Möglichkeiten, die eigene Person einzusetzen und dadurch Beziehungen langfristig zu halten. Ich habe z.B. jahrelang für den selben Nobelschuppen die Empfänge gespielt, gediegenes Ambiente, feine Anzüge, ordentliche Gagen, kaum Aufwand außer den Hörer abheben und den Termin zusagen. Dann ging der Chef in Rente, der Nachfolger sagte: Ach, das sind doch die, die hier schon immer die Empfänge gespielt haben, wir nehmen da jetzt mal wen anders. Einfach so, kommentarlos und nach hunderten von für alle Seiten sehr erfolgreichen Veranstaltungen ohne Verspätungen, Beschwerden oder Übergriffen. Nichts. Alles super, war nett mit euch.

Und dann gibt es diese sehr guten Phasen, da läuft alles wie am Schnürchen, der Rubel rollt, großes Kino, große Emotionen, standing ovations. Ich hatte sowas mal über 10 Jahre am Stück, durchgehend und zickenfrei. Kriegt man in der Dichte und Dauer heute nicht mehr hin, passiert dennoch so oft, dass ich nicht anders kann, als dabeizubleiben. Es juckt dann doch immer noch im Arsch ....


Sehr gute Analysen! Danke! :great:

Ansonsten wurde bereits alles gesagt was es zu dem Thema zu sagen gibt. Die Wahrheit liegt wohl irgendwie zwischen "Nische schaffen und sich spezialisieren" und "breit aufstellen und sich für das meiste nicht zu schade sein" . Mal hat man Highlights dabei, tolle Tourneen mit herausragenden Künstlern und sehr fairen Gagen, mal spielt man auf ner Kirmes einen Drecksjob über mehrere Stunden plus Auf- und Abbau und nimmt einen lächerlichen Betrag mit.

Der größte Fehler dabei: Sich auf bereits erreichten Lorbeeren auszuruhen! Immer weiter und weiter und weiter...

Grüße Hen
 
Mein Alter hilft allerdings auch nicht wirklich, um im Gespräch zu bleiben.
Jahre auf dem Buckel, viele Kollegen haben aufgegeben bzw. machen was Anständiges.

Das ist in meinen Augen eine ganz wesentliche Konstante im Lebenslauf von Musikarbeitern. Die Youngstars machen ihr Ding und wollen keine alten Kacker in der Band. Das gilt natürlich auch umgekehrt.
Dann gibt es noch die Projekte von den wirklich alten Kackern. :-) Das ist auch nix, weil für die Geld in der Regel keine Rolle mehr spielt. Die sind froh, wenn sie Spass haben und abundzu spielen können. Die haben ihr Schafe schon lange im trockenen, können sich teures Equipment kaufen und die Gage oder Eintrittspreise sind ihnen peinlich.

für Musikarbeiter ist es ab einem gewissen Alter schwieriger. Davon ausgenommen ist meiner Meinung nach der Bereich Unterricht. ...Hier tickt die Uhr sogar entgegengesetzt.
 

Similar threads

bassic_matthias
Antworten
134
Aufrufe
24K
alice d.
alice d.
bassic_matthias
Antworten
25
Aufrufe
13K
DudelRiza
DudelRiza

Zurück
Oben Unten