Noch Handwerk...

Um diesen Thread mal wieder zu beleben.. ich bewundere diese handwerklichen Fähigkeiten ja immer noch....:-P


Die Workshop-Reihe von George Martin ist sowieso hochinteressant für "Hintergrund-Interessierte" ;-)
 
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Durch den Newsletter von Jason Heath bin ich auf die Webseite von bassvisions.com von Pim van der Zwaan gestoßen, der als Kontrabassist auch sehr schöne Fotos macht. (Der hat übrigens auch ein Buch über "The Art of Doublebass Making" fotografiert und erstellt... nur so als Hinweis... so kurz vor Weihnachten...8D:lechz:)
Aber wirklich krass finde ich die Story bzw. die Fotos der Restauration eines verbrannten Basses durch Harry Jansen, einen Instrumentenbauer aus Amsterdam...
('Davon gibt's auch ein Buch...:-P)
 
Hier ein paar Fotos von meiner letzten Rep:
 

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bin da sehr skeptisch. So ein irrer Aufwand.
Mein erster Kontrabass, ein alter Böhme, war auch so eine Ruine. Der Aufwand war groß und hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Nach über 10 Jahren die ich spiele ist er noch immer das Beste was mir passieren ist.
Ich lasse keine Möglichkeit aus andere Kontrabässe anzuspielen und freue mich wenn andere mein Böhmen spielen.
Bis jetzt hat er nur Lob geerntet und für mich ist er jeden Tag eine wahre Freude.
 
auch so eine Ruine
Das ist ja schnell mal so geschrieben ...dein Böhme war so im Eimer wie der Bass im Video ganz oben?

Was hat denn dann die Reparatur gekostet und bekommt man nicht für deutlich weniger Geld dann doch etwas mehr an jeder Ecke?

Bitte meine Skepsis bitte nicht falsch einordnen ...ich hab ein starkes Herz fürs reparieren und erhalten! z.B. leite ich seit Jahren ein Repaircafe und lebe nach diesem Prinzip.

Wie ist denn das überhaupt, wenn man eine massive Oma so verleimt? Je nach dem, wieviel Risse da geleimt werden, ist das doch im Ergebnis eher eine Sperrholzbude als ein massiver? Da geht doch Mojo verloren? ...ohne zu klären, ob vorher überhaupt Mojo da war. Alt ist ja nun mal nicht einfach gleich gut.
 
Wie ist denn das überhaupt, wenn man eine massive Oma so verleimt? Je nach dem, wieviel Risse da geleimt werden, ist das doch im Ergebnis eher eine Sperrholzbude als ein massiver? Da geht doch Mojo verloren? ...ohne zu klären, ob vorher überhaupt Mojo da war. Alt ist ja nun mal nicht einfach gleich gut.
Das stimmt sicherlich und das ist dann auch immer das Risiko. Der Aufwand ist sicherlich hoch und oft höher (und auch teurer) als einfach einen "fertigen" Bass zu erwerben... aber es kommt dabei eben auch zu "Glücksfunden" und dann macht es neben "Spaß"(?) vielleicht auch noch Sinn. Heiner Windelband hat z.B. mal von einem Zufallsfund auf einem Dachboden einer Kirche erzählt, den der Finder unbedingt restaurieren wollte und dem er dabei geholfen hat. Was auch extrem aufwändig war, aber dabei kam ein "absolut tolles Instrument" (Zitat Ende) heraus. Ich denke mir auch, dass Fachleute vielleicht auch vorher schon an Konstruktionsdetails, den verwendeten Hölzern und den erkennbaren Spuren der Verarbeitung zumindest ein wenig abschätzen können, ob die Restaurierung jetzt ein eher "größeres" oder "kleineres" Risiko ist. Die "Mojo-Diskussion" sei davon mal unbenommen...;-) :-P
Hier findet man übrigens auch noch ein paar Detail-Fotos von solchen Aktionen...:-)
Ob sich das dann immer "lohnt" oder zumindest "rechnet", ist aber oft sicherlich trotzdem eine "Gewissensfrage"...:II
 
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wenn man eine massive Oma so verleimt? Je nach dem, wieviel Risse da geleimt werden, ist das doch im Ergebnis eher eine Sperrholzbude als ein massiver?
Bei Sperrholz werden Furniere mit um 90° gedrehtem Faserverlauf aufeinandergeleimt, so dass sie sich gegenseitig beim Schwinden und Quellen absperren. Daher der Name Sperrholz.
 
bin da sehr skeptisch. So ein irrer Aufwand.

Achtung, Humor: Warum lecken Hunde sich die Eier? - Weil sie's können! So weit liegst du mit deiner Skepsis richtig: Solche Renovierungen werden gemacht, weil der Besitzer das wünscht UND bezahlt. Das ist EINER von vielen Gründen. Vergleich' das mal mit Autos: Die Instandsetzung eines durchgerosteten Käfers ist vollkommen sinnfrei, da kommt ein mäßiges Auto bei raus selbst dann, wenn alles sehr gut gemacht wurde. Zum Preis eines Neuwagens.

Wie ist denn das überhaupt, wenn man eine massive Oma so verleimt? Je nach dem, wieviel Risse da geleimt werden, ist das doch im Ergebnis eher eine Sperrholzbude als ein massiver?

Nein. Das mit dem Sperrholz hat der Kollege schon erklärt. Ich habe schon Renovierungen gesehen, denen man den vorherigen Schaden nicht angesehen hat. Ein Kumpel hatte mal einen Autounfall mit seinem Cello (Proficello, gehobene Preisklasse). Das Ding wurde im Koffer quasi zerquetscht. Der Geigenbauer hat in wochenlanger Fummelarbeit alles Faser für Faser wieder zusammengesetzt. Kosten: unterhalb des Wertes, zu dem das Cello versichert war. Die gegnerische Autoversicherung hat dem Geigenbauer seine rund 20 Riesen gezahlt, weil der zu Schrott gefahrene Daimler erheblich mehr gekostet hat. Und wäre der Berufscellist berufsunfähig geworden (es gab zum Glück keinen Personenschaden), wäre alles noch teurer geworden für die Versicherung.

Da geht doch Mojo verloren?

Wer an Mojo glaubt, kann Mojo verlieren.

Alt ist ja nun mal nicht einfach gleich gut.

Vollkommen richtig! Es gibt sinnfreie Reparaturen, siehe alter Käfer. Normalerweise läuft es so, dass ein Geigenbauer rasch abschätzen kann, ob da gutes Material verbaut wurde oder nicht. Meistens erkennt er auch Herkunft, Alter, Erbauer und solche Sachen, sozusagen die komplette Provenienz. Wenn dann eine Reparatur weniger Zeit frisst als ein kompletter Neubau, kann sich das wirtschaftlich rechnen.

Was hat denn dann die Reparatur gekostet und bekommt man nicht für deutlich weniger Geld dann doch etwas mehr an jeder Ecke?

Was bekommt man denn an jeder Ecke? Ein Stück Dreck, das man beim Geigenbauer herrichten lassen muss zum zweifachen Neupreis des vermeintlichen Schnappers. In dieser Gemengelage lohnt sich eine Reparatur garantiert nicht. Macht auch keiner. Ein vom Geigenbauer generalüberholtes Instrument ist sofort spielfertig. Viele handeln überwiegend mit gebrauchten Kisten, die sie selbst repariert haben, so viel wird garnicht neu gebaut. Es läuft also eher so, dass du beim Geigenbauer einen bereits reparierten Bass kaufst. Dann weißt du auch, wie er klingt. Und dann kannst du einen renovierten Gebrauchten für 10 Kilo kaufen, der mindestens so gut ist wie ein Pöllmann für 25, aber ohne Wartezeit.
 
den "Mojo" hab ich so nicht gemeint ...es sollte einfach "Klang" schreiben.

Der Autovergleich triff es wohl.
 
Das ist ja schnell mal so geschrieben ...dein Böhme war so im Eimer wie der Bass im Video ganz oben?
Nein, es ist nicht der Bass im Video.

Und nee, das ist nicht so mal eben geschrieben.

Aber ich schreibe ich es mal 😉

Als ich bei meinen Basslehrer mit dem E-Bass zum Unterricht erschienen bin, stand da in der Ecke eines Tages sein Kontrabass. „Darf ich den mal Anfassen“ habe ich schüchtern gefragt und er hat zu Glück ja gesagt. Sehr schnell wurde mir klar, dass ich so ein Instrument spielen wollte. Wo bekomme ich so ein Kontrabass her, fragte ich. Er gab mir die Kontaktdaten von einem Geigenbauer in meiner Gegend und sagte, dass ich mir dort einen leihen könnte.

In der gleichen Woche stand ich bei dem Geigenbauer auf der Matte um mir ein KB zu leihen. „Klar verleihe ich“, sagte der. „Ich habe nur z.Z. alle bei Schülern. Du musst warten.“ - Habe ich gemacht - genau eine Woche später stand ich wieder im Laden. „Sorry, ist noch kein KB zurück. Komme später wieder“. Das ging so 5 bis 6 Wochen. – Dann sagte der Geigenbauer zu mir:“ Du meist es ernst. Ich habe alle meine Schülerbässe im Verleih. Weil Du nicht locker lässt und mir sympathisch bist werde ich für Dich einen alten Böhmen bespielbar machen. Den hat mal ein Italiener mitgebracht, der bei mir ein KB gekauft hat. Nur hatte der Italiener diesen Bass im Auto und wollte den in Zahlung geben, was nicht vereinbart war. Aber zwei Bässe passten nicht in Auto zurück und so ist der Böhme bei mir gelandet. Ich mache Dir den fertig, so dass Du sehen kannst ob KB-spielen was für Dich ist. Wir machen aber ein Mietvertag“.

Dann habe ich gewartet und bekam den Böhmen. Der Böhme hatte überall geschlossene Risse und nix an ihm war neu. Der Lack war alt und dünn drauf. Ich war glücklich. Mein Basslehrer begeistert. - Ich lernte (hat sich bis heute nicht geändert 😜). - Nach vier Monaten bin ich zum Geigenbauer zurück und fragte, ob ich den Böhmen kaufen darf und was er den kostet. Die Antwort kam prompt: „Denn KB verkaufe ich Dir nicht!“ Warum fragte ich, und er meinte das der KB in den nächsten Monaten kaputt gehen würde. Der Böhme hat zu lange gestanden und wurde nicht gespielt. Jetzt wo ich den KB jeden Tag spiele, würden die Schwingungen die alten Leimstellen aufgehen lassen und es wäre eine teure Reparatur notwendig. So 2000 bis 2500€. So etwas möchte er mir nicht verkaufen. - Ich war noch ein paar Mal bei dem Geigenbauer, wir hatten uns angefreundet und schließlich kaufte ich den Böhmen privat, ohne jede Garantie zum „Schrottwert“ von 1000€. - Der Geigenbauer hatte recht. Nach 7 Monaten klapperte es überall. Kaum ein sauberer Ton war möglich.

So hat der Böhme seine erste Öffnung in meiner Zeit erhalten. Die Decke wurde abgenommen und die vielen Risse mit Stoffleinen und Kochenleim geleimt. Ich bin in den Tage viel in der Werkstatt gewesen um in den Böhmen zu schauen um zu verstehen was dort gemacht war und warum. Ich habe „nur“ 700€ bezahlt. Hatte ich doch mit viel mehr gerechnet.

Zwei Jahre später konnte ich fühlen, wenn ich den Böhmen an der Zarge anhob, das da was locker war. Aber der Klang war einfach immer noch top. Egal- spielen.

Bei der Straßenmusik ist er mir dann mal „umgefallen“. Echt blöd! Ein Unfall (der Grund, warum ich später ein Sperrholz-KB, den Duke, angeschafft habe). Der Geigenbauer hat keine KB´s mehr in Arbeit genommen. Er wollte sich auf Geigen konzertieren. Und so bin ich bei einem Bassbauer gelandet. Durch den Unfall war die Schnecke angerissen und die Zargen aufgeplatzt.

Ich entschied mich den Böhmen herrichten zu lassen. Der Kosten Voranschlag lag bei ca. zwei bis 2500€. Bei der Durchsicht mit dem Bassbauer wurde mir klar, dass der Flachboden-Balken eingefallen war und so der Boden nicht die Spannung hatte um die Schwingungen der Saiten aufzunehmen (ein Grund, warum der Böhme recht leise war, im Nachhinein).

Und so wurde der Boden abgenommen und die zweite Öffnung nahm den Lauf. Man sieht den Balken auf dem der linke Stegfuß steht wenn der KB zusammen gebaut wäre…

Man sieht hier gut wie die Risse mit Stoffleinen verleimt wurden. Auf der Decke, als auch an der Zarge.

Die Schäden vom Unfall wurden deutlich - und auch wo schon mal in den vergangen Jahren (alter geschätzt 200 bis 250 Jahre) der Holzwurm drin war.

Der Hals wurde vorher schon mal angeschäftet, also jemand hat schon mal den Hals erneuert und die alte Schnecke wieder angesetzt. Ursprünglich war der Böhme ein Dreisaiter.

In der Zarge sieht man gut die großen Stoffleinflicken. Holz hält hier mehr…

Schnell geht bei der Reparatur nix. Es ist sehr ärgerlich, wenn nach dem Zusammenbau doch noch ein offener Riss auftaucht…

Man kann man gut erkennen, dass der Flachboden-Balken oben alt und morsch ist. Die anderen Bodenbalken waren „neuer“, aber nicht optimal.

Das Messen vom winkel des bodens vom alten Balken und den neuen...



PS: da ich nur 10 Bilder anhängen darf gibt es ein Teil zwei...
 

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Teil zwei

Das „Epoxidharz“ von einer alten schlechten Reparatur mit einer „Heißklebepistole“ wurde herausgelöst und der Längsriss wird verleimen…

Die Zarge wurde verstärk und die Holzstücke zur Verstärkung gehobelt und geschliffen, damit sie leichter werden...

Die Bodenbalken sind verleimt und werden gehobelt und fertig in Form gebracht…

Dann geht es an den Zusammenbau…

Ich habe es nicht bereut den Böhmen restaurieren zu lassen. Das der Halsabstand zur Decke bei den heutigen Bässen um einiges höher ist (3,5 statt 2 cm bei dem Böhmen), habe ich nicht anpassen lassen. Es ist zwar leichter mit dem höheren Abstand in die Daumenlage zu kommen, aber ich habe mich dran gewöhnt, dass es auch so geht.

So sieht er heute aus...
Klingt fantastisch
Er ist nicht neu, er hat noch immer Falten
Und nix an ihm ist gerade, auch die F-Löcher nicht

Den Steg habe ich letztes Jahr neu herstellen lassen. Nix an dem Böhmen ist genormt. Mir kommt es so vor, als wenn der Erbauer einfach mit dem gearbeitet hat, was da war- und er hat das gut gemacht.

Der Steg wäre von der Größe für ein 4/4 KB gedacht, wurde aber auf dem Böhmen angepasst, da so die Füße richtig auf dem Bassbalken und der Stimme stehen. Der Böhme hat eine Mensur von 104 ist aber von der Größe irgendwas zwischen 3/4 und 4/4 .

Klar war das aufwendig und hat was gekostet. Aber ich will den Böhmen bis zu meinem Lebensende spielen und hoffe, dass nach mir weitere Spieler ihre Freude dran haben. Er ist super eingespielt. Klingt ganz anders als neue Instrumente.

Ein Bassbauer hat den Böhmen mal auf einen Schätzwert von 25000€ geschätzt, aber ich halte das für Unsinn. Kontrabässe in diesen Preislagen werden zwar angeboten, jedoch nicht gekauft.

Preis hin oder her – das ist unwichtig. Wichtig ist, dass er für mich jeden Tag eine wahre Freude ist - vom Sound und der Bespielbarkeit.


Und vergebt mir wegen der Länge – aber es nun mal Liebe und Verbundenheit die ich für den alten Böhmen empfinde.
 

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@fox32 : was für eine schöne Geschichte :-)

Ein Bassbauer hat den Böhmen mal auf einen Schätzwert von 25000€ geschätzt, aber ich halte das für Unsinn. Kontrabässe in diesen Preislagen werden zwar angeboten, jedoch nicht gekauft.
Es ist immer schwierig, so etwas in Geldwert auszudrücken. Auf jeden Fall hast du ein Instrument, was ich mit "priceless" beziffern würde. Glückwunsch! Ein alter VW-Käfer ist nix dagegen, außer wenn man vielleicht selber damit mal nach Indien gefahren ist.
:bier:
 

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