Wenn Gitarristen hauptsächlich LEAD spielen, zählen sie die Takte häufig nach den Betonungen ihrer Melodieführung, und den ersten Ton definieren sie als "Eins". Und das ist meistens die Ursache, denn die wenigsten Soli oder auch nur kurze Einwürfe beginnen auf die "Eins".
Für unseren Sänger ist die "Eins" leider auch immer die erste Silbe seiner Textzeile, bis es ausdiskutiert wurde. Ich habe bedingungslosen Respekt vor dem Können, gleichzeitig Rythmusgitarre zu spielen und "frei" zu singen. Nur, wenn es falsch wird, muss man es korrigieren oder schlimmstenfalls weglassen! Ich weiss keine andere Lösung?
Bei Akkordwechseln auf ungerade Vielfache von 2 oder 4 müssen sich alle schon über die Zählweise einig sein. Wenn Du mit dem Bass eine Figur spielst, die über 2 Takte geht, kann es auf "2" keinen Akkordwechsel geben; es sei denn, Du berücksichtigst das in Deiner Figur. Und dann musst Du es erst recht wissen.
Unsere Bläser können mir gewiss genau sagen, in welchem Takt sie einsetzen. Nur wenn das Intro ein wenig länger dauert, oder ein Gitarrensolo etwas mehr zelebriert wurde, nutzen diese absoluten Zeitpunkte aber gar nichts. Unsere Bläser müssen auch noch lernen, ihre Parts "frei" zu spielen, d.h. sie müssen zuhören, und dann ihren Einsatz trotzdem sicher finden. Hinterm Notenblatt verstecken, gilt dann nicht! Live zählt nur das "richtige" Gesamtergebnis, bzw. letztlich die Publikumsresonanz. Bei den ersten Proben eines neuen Cover hängen wir sicher auch alle an ausgezählten Takten, bis der Groove sitzt und ALLE das Stück "verstanden" haben. Das bedeutet, das wirklich jeder ganz genau weiss, wann er welche Note wie zu spielen hat. Daran wird dann ein wenig arrangiert, bis es gefällt, und dann festgehalten. Das gilt auch für den mehrstimmigen Background. Der Rest ist Übungssache! Kleinere Abweichungen Einzelner sind dann auch keine "Fehler", solange sie den Groove nicht zum Stolpern bringen.
Indiz dafür, das es bei mir klappt, ist immer, wenn ich meine Bassfigur für 2 Takte ein wenig ändere, und niemand meiner sehr aufmerksamen Kollegen merkt es. Wenn es mit dem Drummer klappt, kann auch mal 1 Takt off-beat gespielt werden. Das merken garantiert alle; man muss dann nur wieder sauber in den alten Groove kommen.
Grüsse von der Ostsee